Ehrenamtliches Richteramt beim Verwaltungsgericht übernehmen
Inhalt
Begriffe im Kontext
Fachlich freigegeben am
Fachlich freigegeben durch
- Artikel 97 Abs. 1 Grundgesetz (GG) – Unabhängigkeit der Richter
- §§ 19 bis 34 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
- § 44 Deutsches Richtergesetz (DRiG) – Bestellung und Abberufung des ehrenamtlichen Richters
- § 45 DRiG – Unabhängigkeit und besondere Pflichten des ehrenamtlichen Richters
- §§ 15 bis 18 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)
Die Mitwirkung ehrenamtlicher Richter* an der Rechtsprechung ist ein wesentliches Element deutscher Gerichtsbarkeit. Ihr kommt als praktische Umsetzung des Demokratieprinzips große Bedeutung zu. Ehrenamtliche Richter für die Verwaltungsgerichte werden alle fünf Jahre gewählt.
Die ehrenamtlichen Richter sollen die in ihrem täglichen beruflichen und sozialen Umfeld gewonnenen Erfahrungen, Kenntnisse und Wertungen in die Verhandlungen und die gemeinsame Beratung einbringen und damit die stärker juristisch geprägte Sichtweise der Berufsrichter sinnvoll ergänzen.
Ehrenamtliche Richter sind wie die Berufsrichter nur dem Gesetz unterworfen. Sie haben in der mündlichen Verhandlung und in der Urteilsfindung dieselben Rechte und dieselbe Verantwortung wie die Berufsrichter. Sie unterliegen bei der Rechtsfindung keinen Aufträgen oder Weisungen und sind zu absoluter Neutralität verpflichtet.
Hinweis: Ehrenamtliche Richter dürfen in der Ausübung ihres Amtes nicht beschränkt oder benachteiligt werden. Gegenüber der Arbeitgeberin oder dem Arbeitgeber besteht ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht jedoch nicht.
In der Sächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit wirken ehrenamtliche Richter vornehmlich bei den Verwaltungsgerichten in Chemnitz, Dresden und Leipzig mit.
Die Kammern der Verwaltungsgerichte entscheiden grundsätzlich in der Besetzung mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern. An Einzelrichterentscheidungen, Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung oder an Gerichtsbescheiden wirken ehrenamtliche Richter nicht mit.
*) Um verständlich zu bleiben, beschränken wir uns auf die verallgemeinernden Personenbezeichnungen, sie beziehen sich immer auf jedes Geschlecht – die Redaktion
- deutsche Staatsangehörigkeit
Der ehrenamtliche Richter soll das
- das 25. Lebensjahr vollendet und
- seinen Wohnsitz innerhalb des Gerichtsbezirks haben.
Besondere Sach- oder Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Von dem Amt ausgeschlossen ist, wer
- infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder gegen den Anklage wegen einer Tat erhoben ist, die den Verlust dieser Fähigkeit zur Folge haben kann,
- wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist,
- nicht das Wahlrecht zum Landtag besitzt.
Hinweis: Personen, die in Vermögensverfall geraten sind, sollen nicht zu ehrenamtlichen Richtern berufen werden.
Zu ehrenamtlichen Verwaltungsrichtern können nicht berufen werden:
- Bundestags- / Landtagsabgeordnete
- Mitglieder des Europäischen Parlaments
- Mitglieder der Bundesregierung oder einer Landesregierung
- Richter, Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst, soweit sie dort nicht ehrenamtlich tätig sind
- Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit
- Rechtsanwälte, Notare und Personen, die fremde Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig besorgen
Die ehrenamtlichen Verwaltungsrichter werden vom Wahlausschuss des jeweiligen Verwaltungsgerichts jeweils auf fünf Jahre aus Vorschlagslisten der Landkreise und der kreisfreien Städte gewählt.
Der Präsident des jeweiligen Verwaltungsgerichts bestimmt die erforderliche Anzahl von ehrenamtlichen Richtern, und zwar derart, dass voraussichtlich jeder zu höchstens zwölf ordentlichen Sitzungstagen im Jahr herangezogen wird.
Der ehrenamtliche Verwaltungsrichter ist grundsätzlich zur Übernahme des Amtes verpflichtet. Die Berufung in dieses Amt kann nur ausnahmsweise abgelehnt werden. Dazu sind berechtigt:
- Geistliche und Religionsdiener
- Schöffen und andere ehrenamtliche Richter
- Personen, die zwei Amtsperioden lang als ehrenamtliche Richter bei Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit tätig gewesen sind
- Ärzte, Krankenpfleger, Hebammen, Apothekenleiter, die keine weiteren Apotheker beschäftigen
- Personen, die das 67. Lebensjahr vollendet haben
Hinweis: In besonderen Härtefällen, etwa bei Gebrechlichkeit oder einer außerordentlichen beruflichen oder familiären Beanspruchung, können Sie auf Antrag von der Übernahme des Amtes befreit werden. Die Entscheidung trifft der hierfür zuständige Senat des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts.
Finanzielle Entschädigung
Die ehrenamtlichen Richter erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Diese umfasst:
- Fahrtkostenersatz
- Entschädigung für Aufwand
- Ersatz für sonstige Aufwendungen
- Entschädigung für Zeitversäumnis
- Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung
- Entschädigung für Verdienstausfall
Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes in einzelnen Verfahren
Ehrenamtliche Richter sind von der Ausübung des Richteramtes in einzelnen Verfahren ausgeschlossen, wenn sie
- selbst im Verfahren beteiligt sind,
- Ehegattin oder Ehegatte (auch geschieden), Lebenspartnerin oder Lebenspartner eines Beteiligten sind oder mit ihm bis zu einem bestimmten Grad verwandt sind,
- Prozessbevollmächtigte beziehungsweise gesetzliche Vertreter eines Beteiligten sind,
- als Zeuge beziehungsweise Sachverständiger einvernommen worden sind oder
- beim Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben.
Achtung! Sind Ihnen Gründe bekannt, die gegen Ihren Einsatz als ehrenamtlicher Richter in einem bestimmten Verfahren sprechen, müssen Sie dies dem Gericht unverzüglich anzeigen.